Verliebt in griffig, samtig, rund
Versbach Acht Dosen Katzennahrung öffnet Sylvia Czernetzki pro Tag, säubert sieben Katzenklos, ein Katerzimmer und den Rest ihres dreistöckigen Hauses.
Seit 25 Jahren züchtet die Würzburgerin edle Kartäuserkatzen - ein Europa-Champion war auch dabei.
Durch die gläserne Eingangstür maunzt es herzerweichend. Ein graues Katergesicht drückt sich gegen die Scheibe. "darf ich ihn reinlassen?2, fragt die siebenjährige Carla. "Bloß nicht" erwidert Mutter Sylvia, denn es ist Urmel. Einer ihrer zwei potenten Kater. Gemeinsam mit Kollege Uccello sorgt er für Nachkommen in der Kartäuserkatzen-Zucht der Familie Czernetzki. Erlaubt wird ihnen das nur einmal pro Jahr. Das hält sie jedoch nicht davon ab, ständig ihr Revier zu markieren oder auf Pirsch nach rolligen Katzen zu gehen. Ganz Schöne anstrengend. Die Situation im Haus ist aber auch verführerisch: Vier Katzendamen verdrehen den Katern den Kopf. Seit April dieses Jahres kommen noch vier Katzenbabys dazu, denn Kater Urmel hat mit Katzendame Teddy Blue den 24sten Wurf, den so genannten X-Wurf gezeugt: Xtra, Xanthos, Xenia und Mr. X.
"Die Katzen bestehen darauf, dass ich bei der Geburt dabei bin"
Sylvia Czernetzki Hobby-Züchterin
Immer mit dabei: Katzen-Hebamme Sylvia Czernetzki. Bei alles 24 Geburten hat sie assistiert, hat Katzenbäuche massiert, Ziehhilfe geleistet, bis die handgroßen Winzlinge endlich auf der Welt waren. "Die Katzen bestehen darauf, dass ich bei der Geburt dabei bin", sagt sie.
Dabei hatte die Würzburgerin von sich aus nie vor, mit den Edel-Haarigen zu züchten. Dann aber sah sie Sari, die Morgenröte, und es war um sie geschehen. ""Ihre Besitzerin hat sie mir unter der Bedingung verkauft, dass ich mit ihr auf die Zuchtschau gehe" erklärt Sylvia Czernetzki. Sie wusste warum: Mittlerweile ist Sari Europa-Champion und war auch schon einmal für die weltbeste Kartäuserkatze nominiert. Ihr griffiges, samtiges Fell, der runde Kopf, ihre tiefroten Augen - Sari ist einfach nur schön. Das sieht man auch am Flur der Familie: das obere Wandstück ist mir Preisschleifen nahezu tapeziert.
Umsonst gibt es die plüschigen, blaugrauen Jungtiere aber nicht. Auch wenn die meisten Leute das scheinbar denken, wie Sylvia Czernetzki erzählt. Es handelt sich eben doch um Zuchttiere. Über das Internet und die Zeitung hat sie den Nachwuchs inseriert. 600 Euro kostet eine Kartäuser-Katze, ein Jungtier der "Britisch Kurzhaar blau" wie die Rasse offiziell heißt - sofern eine Privatperson sie erwirbt. Ein Züchter muss tiefer in die Tasche greifen. Was macht die Tiere so teuer? "Futter, Impfungen Tierarztkosten" zählt die Hobby-Züchterin auf, während im Wohnzimmer-Hintergrund ein Katzenbaby seine Sprungkraft demonstriert. "Bei sieben Katzen plus Nachwuchs summiert sich das."
Streicheleinheiten
Da würde es vielleicht billiger, sich von einem oder zwei der erwachsenen Schmusetiger zu trennen. das aber kommt für Katzenmutter nicht in Frage, "die gehören zu sehr zur Familie" Die Hinterbeine auf dem Sofa, Kopf und Bauch in Sylvia Czernetzkis Schoß, lässt sich Ronja zu Beispiel immer gerne vor dem Fernseher kraulen, Sari hingegen kommt lieber morgens beim Frühstück. aber es wird nicht nur Geschmust. Krallenspuren am Ledersofa verraten auch die eine oder andere wilde Kratz- und Kletterpartie.
"Man macht das keine 25 Jahre, wenn man die Katzen nicht liebt2, erklärt die Züchterin. das beruht anscheinen auf Gegenseitigkeit und kennt keine Tabus. Wenn Sylvia Czernetzki abends ins Bett geht, wird sie auf halber Treppe von mindestens für Tatzenpaaren überholt.
Ausschnitt aus der Mainpost vom 07.09.2006
von LUCIA LENZEN